Oft ist unklar, warum Krebs entsteht. Doch auch genetische Veränderungen können das Erkrankungsrisiko erhöhen. Nun haben Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und Forscher aus mehr als 300 weiteren Institutionen 72 neue genetische Risikofaktoren für Brustkrebs identifiziert. Damit hat sich die Zahl bekannter genetischer Faktoren für Brustkrebs fast verdoppelt, es sind nun insgesamt 180 Genvarianten bekannt. Die Forscherteams des sogenannten OncoArray-Konsortiums veröffentlichten ihre Ergebnisse in den renommierten Fachzeitschriften Nature und Nature Genetics.
Sie entwickelten für ihre Untersuchungen einen neuen DNA-Chip (OncoArray), mit dem sie mehrere Millionen Genomvarianten bei mehr als 146.000 Brustkrebspatientinnen sowie mehr als 129.000 gesunden Frauen vergleichen konnten. "Nur mit solch großen Fallzahlen, die durch die internationale Zusammenarbeit möglich geworden sind, konnten wir die entscheidenden Stellen im Genom zuverlässig identifizieren", sagt Dr. Thilo Dörk-Bousset, Leiter des Forschungslabors der MHH-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Auch wenn die Risiken für jede einzelne Genomvariante nicht sehr hoch sind, können sie in ihrer Kombination zu einer dreifach erhöhten Erkrankungswahrscheinlichkeit führen. "Wir gehen davon aus, dass die neuen Erkenntnisse zukünftig in der Krebsvorsorge relevant werden", sagt Professor Dr. Peter Hillemanns, Leiter der MHH-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.
Die Forscher haben zudem in vielen Fällen bereits ursächliche Wirkmechanismen entschlüsselt. "Bisher wissen wir allerdings noch nicht, inwieweit die Genomvarianten auch beeinflussen, ob und wie eine Therapie wirkt", meint Professorin Dr. Tjoung-Won Park-Simon, Bereichsleiterin für gynäkologische Onkologie an der MHH. Therapeutische Relevanz könnte es bei der Chemotherapie oder der Strahlentherapie geben. "Manche der neuen Genomvarianten scheinen die Fähigkeit zur DNA-Reparatur zu verändern", sagt Professor Dr. Hans Christiansen, Leiter der Klinik für Strahlentherapie und Spezielle Onkologie an der MHH. Diesen Fragen soll am neu gegründeten Onkologischen Zentrum der MHH und, gemeinsam mit den Brustzentren der Region Hannover, im kürzlich preisgekrönten "Netzwerk Brustkrebs" weiter nachgegangen werden.
Die Arbeiten der MHH-Wissenschaftler im"OncoArray-Konsortium" wurden von der Claudia von Schilling Stiftung für Brustkrebs, der Rudolf Bartling Stiftung und der Niedersächsische Krebsgesellschaft gefördert.
(Veröffentlicht am 24. Oktober 2017)