Migration hat unter anderem auch entscheidenden Einfluss auf die gesundheitliche Situation der betroffenen Menschen. Dies gilt nicht nur für mögliche, unmittelbar aus der Migrationssituation folgende, kurzfristige Versorgungsnotwendigkeiten, sondern auch für die mittel- und langfristige Versorgung im Aufnahmeland. Sprach- und Orientierungsprobleme, spezifische und ungewöhnliche Krankheitsbilder sowie kulturell, ethnisch, religiös oder individuell bedingte Schwellenängste können eine angemessene gesundheitliche Versorgung von Neueingewanderten erschweren.
Deshalb ist eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung insbesondere für Neueingewanderte erforderlich. Auch eine möglichst rasche Anhebung ihres Kenntnisstandes über das deutsche Gesundheitssystem ist wünschenswert, nicht zuletzt für den vorbeugenden Gesundheitsschutz z.B. im Sinne der AIDS- oder Drogenprävention oder der Bekämpfung der Ausbreitung von Tuberkulose.
Vor allem sprachliche Barrieren verhindern, dass viele Informationen des Gesundheitswesens überhaupt zu den Migrantinnen und Migranten gelangen; im konkreten Krankheitsfall verhindern fehlende Dolmetscherdienste oft frühzeitige und richtige Hilfe.
Behinderte Migrant/innen und Familien mit behinderten Angehörigen bedürfen oftmals einer hohen Unterstützung bei der Information über Hilfsangebote der Behindertenhilfe. Die jeweilige Behinderungsform und die Auseinandersetzung mit der Behinderung im Kontext zweier Kulturen sowie Fragen zu Pflege- und Förderbedarfen spielt eine entscheidende Rolle im täglichen Leben. Gleichzeitig leben viele Familien sehr isoliert. Und auch hier verhindern oft sprachliche Barrieren, dass die vorgehaltenen Beratungsangebote die Zielgruppe erreichen.
Auf dem Gebiet der Stadt Hannover ist die Region Hannover zuständig für das öffentliche Gesundheitswesen. Positiv hervorzuheben ist, dass durch die Organisationen der Wohlfahrtspflege, Migrantenselbstorganisationen und Einrichtungen wie das „Ethnomedizinische Zentrum e.V.“ in der Stadt ein hohes Maß an Kompetenz in kultursensibler und kulturspezifischer Gesundheitsversorgung vorhanden ist.
Ziele
Für die Landeshauptstadt Hannover kann – trotz fehlender originärer Zuständigkeit – kein Zweifel daran bestehen, dass sie einen hohen und individuelles Wohlergehen ermöglichenden Gesundheitsstatus aller ihrer Einwohnerinnen und Einwohner anstrebt, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Aufenthaltstitel.
Der Zugang zur gesundheitlichen Versorgung muss für alle Einwohnerinnen und Einwohner sichergestellt werden.
Die gesundheitliche Prävention muss insbesondere auch die Einwanderungsbevölkerung erreichen.
Deshalb wird grundsätzlich angestrebt, die Dienste und Einrichtungen des Gesundheitswesens in Hannover kultursensibel auszurichten und auf die speziellen Bedarfslagen von Menschen mit Migrationshintergrund einzustellen.
Die Landeshauptstadt Hannover wird mit ihren Möglichkeiten dabei helfen, der Ausbreitung ansteckender Krankheiten durch Information, Beratung und Aufklärung entgegenzuwirken.
Die Landeshauptstadt Hannover wird das Angebot notwendiger, integrationsfördernder Versorgung, für das keine gesetzliche Regelung besteht, unterstützen.
Die Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe müssen die Belange behinderter Migrant/innen und ihrer Familien stärker in ihre Angebotsstruktur einbeziehen.
Handlungsansätze
Wegen der eingeschränkten Zuständigkeit der Landeshauptstadt Hannover ist in Gesundheitsfragen ein enger und guter Kontakt der mit Migrationsfragen Befassten, mit den Organisationen der gesundheitlichen Selbstverwaltung sowie den entsprechenden Verwaltungseinheiten der Region Hannover (Gesundheitswesen, Klinikum, Betreuungsbehörde) notwendig.
Die Stadt wird das „Ethnomedizinische Zentrum Hannover e.V.“ als Kompetenzzentrum weiter fördern, um es bei seinen Bemühungen um interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen zu unterstützen.
Dabei kommt vor allem der Ausweitung der gesundheitsbezogenen Dolmetscherdienste besondere Bedeutung zu. Da häufig entsprechende Mittel fehlen, wird ein Konzept für einen möglichen „Pool“ für entsprechende finanzielle Hilfen erstellt werden. Das Projekt „MiMi“ (Migranten für Migranten) mit dem Ziel, engagierte Menschen mit Migrationshintergrund zu kompetenten „Gesundheitsmediatoren“ zu schulen und als solche einzusetzen, soll verstärkend hinzukommen.
Die Bemühungen zur Einführung eines niedrigschwelligen medizinischen Versorgungsangebotes für Menschen ohne aktuell gültigen Aufenthaltsstatus werden von der Stadt unterstützt und die entsprechenden Bemühungen freier Träger begrüßt (siehe Feld 3.8 „Illegale Migration“).
Im Rahmen ihrer Drogenarbeit wird die Landeshauptstadt Hannover auch weiterhin dem hohen Anteil Abhängiger mit Migrationshintergrund Rechnung tragen und den Einsatz fremdsprachiger Drogenberater/innen und migrantenspezifischer Präventionskonzepte fördern.
Gemeinsam mit der Region Hannover wird sich die Landeshauptstadt Hannover dafür einsetzen, gesonderte gesundheitliche Beratungsangebote für einzelne Einwanderungsgruppen zu schaffen.