16. Sitzung des Internationalen Ausschusses

Sozialarbeiter*innen beklagen Mangel an Sicherheitspersonal

In mehreren Einrichtungen für Geflüchtete fehlen laut Betreiber*innen Sicherheitsleute.

Während der Einwohner*innenfragestunde der 16. Sitzung des Internationalen Ausschusses beklagte die Leiterin einer Geflüchteten-Unterkunft, dass es künftig keinen Sicherheitsdienst für diese Einrichtung mehr geben soll. Laut Alexander Koop, dem Leiter des Fachbereiches Gesellschaftliche Teilhabe, ist die Anzahl der Sicherheitsmitarbeiter*innen abhängig von der Gebäudestruktur einer Unterkunft. Eine weitere Problemanzeige kam von dem Leiter einer Unterkunft für wohnungslose Familien: „Wir hatten im letzten Halbjahr drei Gewaltvorfälle, davon wären zwei Fälle beinahe tödlich geendet. Der Sicherheitsdienst hat hierbei das Schlimmste verhindert. Mittlerweile haben wir seit zweieinhalb Monaten keinen Sicherheitsdienst mehr.“

Die Einwohner*innenfragestunde gibt es bei jeder Rats- und Ausschusssitzung.

Daraufhin erklärte die Dezernentin für Soziales und Integration, Sylvia Bruns, dass die Sicherheitsdienste nicht überall abgezogen würden und in einigen Einrichtungen bereits wieder eingesetzt worden sein. Um sich einen Überblick über die Situation einer Einrichtung verschaffen zu können, seien bilaterale Gespräche notwendig, sagte Bruns weiter und bot einen Besuch der Einrichtung zusammen mit Fachbereichsleiter Koop an. Zudem erklärte die Dezernentin, dass seitens der Politik der Einsatz von Sicherheitsdiensten in jeglichen Einrichtungen kritisch diskutiert worden sei und sich die Verwaltung in der Vergangenheit dafür eingesetzt habe. Während der Einwohner*innenfragestunde meldete sich noch ein weiterer Leiter einer Notunterkunft für Geflüchtete zu Wort: „Wie kann der Schutz von besonders vulnerablen Gruppen, wie Kindern oder queeren Menschen, ohne Sicherheitspersonal gewährleistet werden?“, fragte er. Fachbereichsleiter Alexander Koop erwiderte, es gebe je nach Personengruppe unterschiedliche Unterkunftsformen, die den Schutz gewährleisten sollten. Die Frage lasse sich darüber hinaus nicht pauschal beantworten, sondern sei unterkunfts- und situationsspezifisch. „Für uns ist es wichtig, dass wir uns mit Ihrer Unterkunft beschäftigen. Wenn Sie der Meinung sind, dass wir uns das gemeinsam anschauen sollten, ist der Pfad dafür nicht versperrt. An anderen Stellen wurde der Sicherheitsdienst verlängert. Der Sicherheitsdienst ist aber nicht die einzige Antwort auf jede Frage zum Thema vulnerable Gruppen.“ Zum Ende der Fragestunde betonte der Vorsitzende des Internationalen Ausschusses, Bürgermeister Thomas Hermann, noch einmal die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit der Verwaltung.

Nicht nur Ratsfrau Neveling begrüßt die Förderung des „Fluid Identity 2.0“ Festivals

Im weiteren Sitzungsverlauf stimmte der Internationale Ausschuss einstimmig für die Förderung des „Fluid Identity 2.0 Festivals“ des Vereins Start2Dance. Das transkulturelle Festival wird damit im Rahmen der WIR2.0-Maßnahme „Kulturdialoge einer postmigrantischen Gesellschaft“ mit einer Summe in Höhe von 50.000 Euro gefördert. Ratsfrau Monika Neveling (Bündnis 90/ DIE GRÜNEN) begrüßte die Empfehlung des WIR2.0-Kuratoriums, genau diese Maßnahme zu fördern: „BIPoCs [Schwarze, Indigene und People of Color, Anm.d.Red.], transkulturell-migrantisch sowie postmigrantisch geprägte Kulturschaffende und Künstler*innen diverser Identitäten erhalten hierbei ein wichtiges Forum, in dem sie mit ihrer Kunst wahrgenommen und anerkannt werden.“

Im Bericht über die aktuellen Projekte des Büros für Internationale Angelegenheiten berichtete Fatma Ramazanoğlu über den jüngsten Besuch aus Mykolajiw. Anlässlich der Hannover Messe im April kam eine kleine Delegation aus der ostukrainischen Partnerstadt nach Hannover. Das Ziel des Besuches sei gewesen, die Partnerstadt mit dem wirtschaftlichen Sektor in Hannover zu vernetzen. Die ukrainische Stadt habe trotz des andauernden Angriffskrieges den Wiederaufbau im Blick, so Fatma Ramazanoğlu.

Fatma Ramazanoğlu über den Besuch der Delegation aus Mykolajiw.

Die Delegation habe während ihres Aufenthaltes in der Landeshauptstadt auch wichtige Einblicke in städtische Handlungsbereiche erhalten. Dazu gehörten Themen wie die städtische Wasserversorgung, die Quartiersentwicklung sowie nachhaltiges Bauen. Da die Infrastruktur des Versorgungssystems durch russische Angriffe zerstört worden sei, stelle die Trinkwasserversorgung die größte Herausforderung für Mykolajiw dar. Aufgrund dessen sei der Besuch des Wasserwerkes von Enercity in der Wedemark ein Highlight für die Gäste gewesen, berichtete Ramazanoğlu. Außerdem hätten sich aus dem Besuch bereits einige Ideen für künftige Kooperationen mit der Stadt Mykolajiw entwickelt, beispielsweise mit Enercity sowie dem Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover (aha). Außerdem sei der Wunsch nach einer Schulpartnerschaft geäußert worden. Darüber hinaus habe sich die Delegation mit ehrenamtlichen Helfer*innen des Ukrainischen Vereins Niedersachsen (UVN) und Hannover Helps e.V. ausgetauscht und über den aktuellen Bedarf der Menschen in Mykolajiw gesprochen. Aktuell befasse sich das Büro für Internationale Angelegenheiten mit den Beschaffungen für die Solidarpartnerschaft. Es bestehe demnach weiterhin Bedarf an Nutzfahrzeugen. Der UVN arbeite derzeit ebenfalls an einer Beschaffungsmaßnahme von neuen Haushaltsgeräten, die nicht über Spenden, sondern über die Zuwendungen der Landeshauptstadt Hannover (LHH) finanziert würden. „Ich finde es wunderschön, dass wir eine Solidarpartnerschaft haben und wir die Stadt unterstützen. Unabhängig vom Krieg sollten wir dies fortsetzen“, so Ratsherr und Bürgermeister Thomas Klapproth (CDU).

Sabine Meschkat-Peters aus dem Büro für internationale Angelegenheiten berichtete außerdem über die Internationale Jugendkonferenz. Ziel der Konferenz sei die Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg und Frieden gewesen, mit besonderem Blick auf die aktuelle Situation der Welt und eine nukleare Bedrohung. Im Rahmen der Konferenz sei auch ein gemeinsamer Friedensappell erarbeitet und vorgestellt worden. Die Konferenz sei zudem empowernd für eine Kultur des Friedens gewesen, so Meschkat-Peters. Eines der Statements der Konferenz: „Wenn es irgendetwas Positives aus diesem schrecklichen Krieg gibt dann dass unsere Werte es wert sind, verteidigt zu werden.“ (Young People for Peace, Leipzig)

Der Internationale Ausschuss tagt hybrid im Ratssaal.

Zum Tagesordnungspunkt über den WIR2.0-Sachstand berichtete Birgit Steckelberg, WIR2.0-Teamleiterin, dass der WIR2.0-Arbeitsausschusses über die Lücken des WIR2.0-Kataloges diskutiert habe – also darüber, in welchem Bereich noch Maßnahmen fehlen. Die Ergebnisse der Diskussion würden Anfang Oktober dem WIR2.0-Kuratorium vorgestellt. Das Gremium solle dann diskutieren, ob neue Maßnahmen entwickelt werden müssen. Darüber hinaus berichtete Steckelberg, dass sich die LHH mit dem WIR2.0 für den Zukunftspreis „KULTURGESTALTEN“ der Kulturpolitischen Gesellschaft beworben habe und dort inzwischen auf der Shortlist stehe.

Im Bericht der Dezernentin erklärte Sylvia Bruns, dass bereits aus den Medien hervorginge, dass die Asylanträge um rund 80% angestiegen seien. Fachbereichsleiter Alexander Koop ergänzte, dass es in Niedersachsen 65% mehr Erstanträge auf Asyl gebe. Aktuell habe die LHH eine Zuweisungsquote von gut 128 Personen pro Monat. Da die Aufnahmekapazität des Landes erhöht wurde, müsse die LHH damit rechnen, dass sich die Zuweisungen ab Oktober auf ungefähr 200 Personen oder mehr erhöhe.

Abschließend berichtete Ratsfrau Séverine Jean (SPD) über die Fachtagung des Niedersächsischen Integrationsrates mit dem Thema „Queeres Leben für BIPoCs und Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte“ und lobte den Empfang in Hannover. Mehr über den Fachtag ist online in dem Artikel „Was bedeutet queeres Leben für Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte in Niedersachsen?“ nachzulesen.

Die nächste Sitzung des Internationalen Ausschusses ist nach der Sommerpause für den 7. September angesetzt, alle Anträge und Drucksachen sind online über das Sitzungsmanagement der LHH einsehbar.